Wer will schon im Museum leben?

Ab 29. Januar ist wieder LEANTEC-Zeit, ein Schwerpunkt Digitale Bildung. Gerade so noch die Gelegenheit, ein paar Wünsche los zu werden. Vielleicht wird 2019 ja das Jahr, in dem sich endliche ALLE Beteiligten – Schule, Politik, Eltern – darüber klar werden, dass es längst nicht mehr darum geht, ob, sondern wie wir Schule und Digitalisierung zusammenbringen. So wie es Vincent Steinl, Leitung Programm beim Forum Bildung Digital der Learntec dankenswerterweise klar formuliert. Es könne nur darum gehen, den digitalen Wandel „zu verstehen, zu reflektieren und nach Möglichkeit auch zu gestalten - im Sinne einer ganzheitlichen Bildung und einer Pädagogik, die die Kinder und Jugendliche und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt nimmt“.


Das wird aber auch Zeit, denn wir sind in der digitalen Welt Spätzünder und manch einer, der sich wirklich gut auskennt, meint sogar, dass wir den Rückstand nicht mehr aufholen können. Beim Thema KI rast uns China davon, E-Mobilität läuft bei uns unter ferner liefen. Manche fürchten sogar, dass Europa im globalen Maßstab komplett abgehängt wird. Irgendwo im Internet wird gar eine chinesische Touristin zitiert, die nach einer Reise durch den Kontinent und mit parallelem Blick auf die technologische Turboentwicklung im eigenen Land ein vernichtendes Urteil fällte: Europa ist ein Museum.


Aber wer möchte schon gern in einem Museum leben?
Also fangen wir endlich an, unsere Schulen fit zu machen für die digitalisierte Welt. Hören wir damit auf, absurde Schein-Widersprüche auf dem Niveau von „Tablet oder Tafel“ zu konstruieren. Begreifen wir endlich, dass es nicht nur um neue IT Infrastrukturen geht, sondern dass neue Technologien auch ungeahnte Möglichkeiten für den Unterricht, ja für das gesamte Schulsystem bieten. Dafür aber dürfen föderale Egoismen keine Rolle spielen. Im globalen Bildungswettbewerb müssen Bund und Länder an einem Strang ziehen
Dass eine komplexe schulische Ausbildung unter digitalen Vorzeichen möglich ist, beobachte ich bei chinesischen Freunden in Hongkong. Ihre zehn bis 12jährigen Kinder sind beeindruckend vielseitig geschult, in digitaler Kompetenz ebenso wie in Sprachen, Musik oder Naturwissenschaften. Selbst Latein gehört zum Angebot.
Das können wir auch! Wir müssen eben eine deutsche Lösung finden, für unsere Kinder, für unsere Kultur und zwar schnell. Das Zögern und Zaudern, das Theoretisieren muss aufhören, zumal das Modell Internationale Schule seit Jahren vormacht, wie eine gelungene Transformation der Schule aussehen kann.
Ich hoffe sehr, dass möglichst viele unserer Lehrer, Schulleiter und Bildungspolitiker die Messe LEARNTEC in Karlsruhe besuchen, um anhand von Einsatzszenarien, Testprogrammen und Workshops zu erfahren und zu erleben, was andere Länder und die dortigen Schulen schon längst anbieten und anwenden. Es geht u.a. auch darum, dass das Fach Informatik an wirklich jeder Art von Schule eingeführt wird und dass gleichzeitig die starren Lehrpläne in Deutschland dynamischer werden und kontinuierliche Weiterentwicklung zulassen, denn unsere neue Zukunft wartet nicht auf uns. Es geht insbesondere um die an Schulen notwendige Medienpädagogik, es geht um Medienentwicklungspläne für Schulen und um die gezielte Fortbildung für Lehrer, deren digitale Kompetenz oft hinter ihren Schülern hinterherhinkt.
Es ist eben nicht nur eine Frage der Mittel, sondern der Einstellung, die wir ändern müssen, damit unsere Kinder keine digitalen Analphabeten werden und auch in Zukunft lernen Probleme selbstständig zu lösen, davon profitieren, gemeinsam mit anderen lernen zu können, weil sie sich vernetzen können, damit sie neue Lernerfahrungen angesichts neuer, auch freier Lernmittel machen dürfen und sie mit diesen computer- und informationsbezogenen Kompetenzen die Chance für mehr Bildungsgerechtigkeit wahrnehmen können.

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